Es kommt mir so vor, als ob hier die Zeit doppelt so schnell vergeht als normalerweise. Bald bin ich schon 4 Monate hier und wünschte, ich hätte noch die gleiche Zeit vor mir.
Gestern haben mich zwei ganz liebe Kinder eingeladen, mit ihnen an den Strand zu gehen. Herson und Xiany sind Geschwister und das komplette Gegenteil von Paola und Samuel. Sie können sich stundenlang selbst beschäftigen und quengeln nie rum. Xiany ist sechs Jahre alt und kommt nächstes Jahr in die Schule. Herson ist drei Jahre jünger und kam eines Tages mit seinen Miniflossen dahermarschiert und hat gefragt, wann wir denn endlich mal Tauchen gehen. Ich war den letzten Monat fast gar nicht am Strand, deswegen war es echt ein schöner Ausgleich.
Ein Moment am Strand hat mich sehr an meine Situation in Costa Rica erinnert. Ich sah die Kinder ins Meer laufen. Ihre kleinen Füßchen hinterließen Abdrücke im Sand bis eine große Welle kam und die Spuren wegspülte. So ist es ja auch mit mir. Ich kann hier leider nicht ewig bleiben. Nichts desto trotz hoffe ich, dass ein paar Spuren, die ich hinterlasse, auch bleiben und sich meine Gastfamilie immer an mich erinnern wird.
Ich habe mich gerade für einen Moment in mein Zimmer zurückgezogen, weil mich Samuel und Paola die letzten zwei Wochen in den Wahnsinn getrieben haben. Ich habe eigentlich noch nie wirklich über die richtige Familienkonstellation erzählt, oder? Paola ist nämlich adoptiert. Ihre leibliche Mutter ist Grey, die mit 17 das erste Mal schwanger wurde. Da Lidieth eigentlich keine Kinder bekommen konnte und sie Grey unterstützen wollte, hat sie Paola adoptiert. Nach einem Jahr hat sich ihr Gebärmutterkrebs verändert und sie ist glücklicherweise doch noch mit Samuel schwanger geworden, was für sie und Francisco ein wahnsinnig großes Geschenk ist.
Nach 3 Jahren hat Grey dann noch Jimena und schließlich Calep zur Welt gebracht. Das sind die Nachbarskinder, die jeden Tag zum frühstücken zu uns kommen und meiner Meinung nach erklärt das sehr vieles an Paolas auffälligem Verhalten. Zwei Mütter zu haben ist denke ich ziemlich verwirrend. In ihrem Kopf schwirren bestimmt viele Fragen, wieso Grey sie weggegeben hat, aber trotzdem noch zwei Kinder bei sich hat. Paola will alles und jeden kontrollieren, nervt ständig, sodass selbst meine Geduld nicht mehr ausreicht und macht ständig irgendwelche Aufstände, sodass die komplette Aufmerksamkeit auf sie gerichtet ist, was für Samuel widerum richtig schwierig ist. Ich kann verstehen, dass er langsam keine Geduld und kein Verständnis mehr für Paola hat. Langsam fängt auch er nicht mehr nach positiver, sondern nach negativer Aufmerksamkeit zu suchen.
Das heißt aber auf keinen Fall, dass es mir in der Familie nicht gut geht! Francisco ist wahnsinnig humorvoll und macht ständig Witze mit mir. Lidieth und ich sitzen in letzter Zeit öfters nach dem Frühstück zusammen und quatschen über Gott und die Welt. Beide wollen echt nur das Beste für mich, sodass ich sie schon als zweite Eltern sehe.

Xiany



Herson





Liebe Alena,
mit unser gemeinsamen Unterhaltung über Skype hast Du uns so richtig glücklich gemacht. Du strahlst so und machst einen sehr zufriedenen und glücklichen Eindruck auf uns. Die Menschen, in Costa Rica um Dich, scheinen Dich intensiv aufzunehmen und lieb zu haben. Deine Gastmutter hat so liebe und gütige Augen. Wir haben wohl gemerkt, dass sie Dich sehr schätzt. Wie kann es auch änderst sein. Auch wir sind alle gerne mit Dir zusammen! Du hast wirklich Glück gehabt mit Costa Rica und Deiner Gastfamilie,- die vielen Gebete und Schutzengel haben wohl volle Arbeit geleistet. Jetzt wünsche ich Dir noch eine intensive und schöne Zeit. Bitte denke nicht so sehr an Deine Heimreise, sonst verliert das zauberhafte im Hier im Jetzt zu sehr. Wir freuen uns, wenn Du kommst. Hier wirst Du auch von vielen Herzen erwartet. Ab nächsten Mittwoch bin ich in Berlin, besuche Eva, Claudia und meine Lieblingskollegin Katja. Ich freue mich schon sehr auf sie und die Stadt. Reinhard kommt am Freitag nach und wir werden noch ein schönes WE gemeinsam haben. Kaum angekommen fliege ich nach Düsseldorf. Gabi hat mich eingeladen und hat eine Karte für das Grönemeier Konzert besorgt. Emanuel ist ja hier und kann Deinen Munkle gut versorgen. Emanuel macht uns auch große Freude, da er so viel Freude hier im Praktikum hat und viel lernt. Am Abend ist er so erschossen, da ihn sein Chef und das Team richtig fordert. Recht so! Deine Idee den genannten Studiengang zu belegen, finde ich gut. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Inhalte ein gute Grundlage sind. Der Ort ist ja auch ganz schön, vor allem neben deinen geliebten Kindern von Deiner Praktikumstelle. Schau mal, ob Du Dich einschreiben kannst. Wer weiß, was sich noch so alles findet. So mein Schatz, ich darf jetzt gleich ins Konzert ins Gasteig.